Pastorale Arbeit in meiner Gemeinde

In dunkler Nacht wollen wir ziehen, lebendiges Wasser finden...

Außer der Leitung und Betreuung der Straßenkinderprojekte in Arapiraca und Recife arbeite ich als Priester und verantwortlicher Gemeindepfarrer in der extrem armen Gemeinde Craibas, die im Inland des Bundesstaates Alagoas liegt, weitab und verlassen im Nordosten Brasiliens.
Hier leben die meisten Menschen, insbesondere die Familien mit Kindern, am Rande des Minimums. Einige Monate Regenzeit und lange Trockenperioden bieten den Erwachsenen nur sehr eingeschränkte Verdienstmöglichkeiten in diesem landwirtschaftlich geprägten Lebensraum. Die Not wird verschärft durch die krassen Unterschiede von arm und reich. Der größte Teil des Bodens ist im Besitz weniger reicher Familien. Von diesen sind auch viele meiner Gemeindemitglieder fast sklavisch abhängig. Gier, Ausbeutung, Erbarmungslosigkeit, die Schwerstarbeit auf den Feldern für einen Hungerlohn sichert den meisten nicht einmal die Grundlage für das tägliche Überleben.
Die aktuelle Lebensnot, mangelhafte Schulen, fehlende Ausbildungsmöglichkeiten und Beschäftigung, Armut und Hunger erzeugen eine totale Hoffnungslosigkeit und treiben viele Kinder und Jugendliche in eine ausweglose Situation. Man läuft fort, wird kriminell, erstickt die Not in Alkohol und Drogen.
Meine Gemeinde Die 22.000 Mitglieder meiner Gemeinde leben in der kleinen, armseligen Stadt, die sich in einem Umkreis von 30km in kleine Siedlungen aufteilt. In 35, weit über das Land verteilten Kirchorten, besuche ich die Menschen und feiere in den Kapellen, die den pastoralen und spirituellen Mittelpunkt bilden, mit ihnen die Heilige Messe. Um diese Gemeinde betreuen zu können, gehört es dazu, an Wochenenden 10 – 12 Messen zu feiern.
Wo keine Kirche ist, treffen wir uns auf dem Vorhof einer Schule oder in einfach eingerichteten Räumen zur Feier der Heiligen Messe.
Die weit über das Land verstreuten kleinen Gemeinschaften wachsen zu verschiedenen Anlässen zu einer großen Gemeinde zusammen. Ein oder zweimal im Jahr versammeln wir die ganze Gemeinde auf dem großen Platz in Craibas um gemeinsam einen Tag zu verbringen. Musikalische Auftritte von Gruppen, Gebet und die festliche Feier der heiligen Messe erfüllen die Menschen mit Freude und Leben.
Unsere Kirche befindet sich auf dem zentralen Platz der Stadt. Mein Vorgänger, ein belgischer Pfarrer namens Joseph Theissen, Pater José, hat dort ein weit sichtbares Symbol des Glaubens errichtet. Die Gottesmutter schützt die Stadt und laut Aussagen des Pfarrers hat Sie dort viel verändert und den Menschen geholfen.
Eine kleine Grotte haben wir aufgebaut um den Menschen einen Raum fürs Gebet zu bieten.
Die Gottesmutter: Segen und Fürsprache für die Armen
Unterstützung für landlose Bauern Zu Beginn meiner Arbeit in der Gemeinde habe wurde ich mit einer Realität konfrontiert, die es in Brasilien in vielen Staaten gibt: Die Bewegung der Landlosen Bauern.
Am Rande meiner Gemeinde lebten diese landlosen Bauern unter kaum vorstellbaren Bedingungen in aus Lehm oder Stroh gefertigten Hütten, die keinem Wind und Regen standhalten. Irgendwo im Land: ohne Wasser, ohne Strom, ohne medizinische Versorgung, immer in Angst vor den Verfolgung und gewaltsamen Vertreibung durch die Landbesitzer.
Die Bauern haben sich in Gruppen von 50 bis zu 100 Familien zusammengeschlossen und versuchen so der brutalen Gewalt der Großgrundbesitzer zu entkommen. Sie besetzen Brachland und hoffen darauf, dass die Regierung ihnen irgendwann dieses Stückchen Erde übereignen wird Die Kinder leider unter Mangelernährung und sind oft in einem schlechten gesundheitlichen Zustand und besonders anfällig für Krankheiten.
Auch hier - in dieser schwierigen Situation der Bauern - muss die Kirche präsent sein und den Menschen Zuspruch und Hilfe sein.
Die Bewegung der Landlosen Bauern steht unter einer Flagge. Zeichen des Aufstandes für ein besseres Leben. Dieser Kampf ist oft mit Gewalt und Konflikten verbunden.
Auch bei diesen Menschen ist unsere Kirche gegenwärtig. Wir betreuen die Menschen der Siedlungen, die oft sehr schwer zugänglich sind. Ich feiere mit ihnen zusammen die Heilige Messe und unterstütze die Familien auch mit Lebensmitteln und Kleidung.
Im Gefängnis von Arapiraca leben ungefähr 400 Gefangene, die ich wöchentlich besuche. Um den Besuch durchzuführen, lasse ich mich für einige Stunden dort einschließen, um mit den Gefangenen zu sprechen, gemeinsam einen Wortgottesdienst oder die heilige Messe zu feiern. Die Gegenwart der Kirche wird von den Gefangenen sehr gut aufgenommen. Sie singen gerne, unterhalten sich und wir haben die Gelegenheit ein Stück von ihrem Schicksal zu teilen.
In den meisten Gefängnissen Brasiliens werden jedoch die Menschenrechte schwer verletzt. Gefangene werden gefoltert oder sind oft Opfer der Auseinandersetzungen von Banden, die innerhalb der Gefängnisse Macht ausüben. Der Drogengebrauch innerhalb der Einrichtungen gehört zum Alltag und in den überfüllten Zellen werden die Lebensbedingungen manchmal unmenschlich.
Pastorale Arbeit im Gefängnis
Kinder und Jugendarbeit Einer der zentralen Aufgaben meiner Gemeinde ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Beeindruckend ist die große Zahl der engagierten Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Gruppen.
Den Jugendgruppen versuche ich soviel Freiraum und Unterstützung zu geben, wie es möglich ist. Dadurch können sie selbst ihre Methoden entfalten und die Versammlungen mit viel Kreativität und Leben gestalten.
Die heranwachsenden Mitglieder sind wichtig für die Gemeinde verbinden die Kirche mit Fröhlichkeit und Gemeinschaft.
In den verschiedenen Gruppen sind Kinder und Jugendlichen selbst engagiert, das Evangelium zu leben und es auch zu verkünden. Sie besuchen Familien in ihren Häusern, lesen für die Menschen aus der Heiligen Schrift und sprechen ein Gebet für die Menschen, die sie besuchen.
Veranstaltungen werden von den Gruppen selbst organisiert und versammeln viele Kinder und Jugendliche in der Kirche, auf Sportplätzen oder auf den Plätzen mitten in der Stadt.
Große Veranstaltungen dienen nicht nur dazu, neue Jugendliche für die Kirche zu gewinnen, sondern sind auch unvergessliche Momente im Leben unserer Jugendgruppen.
Neben den Versammlungen und Veranstaltungen unternehmen unsere Gruppen auch vieles gemeinsam in ihrer Freizeit.
Unterstützung sportlicher Aktivitäten mit Jugendlichen Als Kirche wollen wir in allen Bereichen der Gesellschaft präsent sein. Die Freizeitgestaltung der Jugendlichen in unserer Stadt ist ein Chance zur Orientierung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen, die nicht zur Kirche gehen oder zu keinen Gruppen unserer Gemeinde gehören.
Jugendzentrum Im Jahre 2012 habe ich in meiner Gemeinde ein Jugendzentrum eröffnet. Ziel ist es, das Evangelium mit dem zu verbinden, was Jugendliche gerne machen. Sportliche Aktivitäten, Musik, Veranstaltungen und Ausbildung sind die Schwerpunkte dieser Einrichtung, die gleichzeitig in die Gemeinde eingegliedert ist. Jugendliche aus den Jugendgruppen der Gemeinde und Katecheten sind bei allen Aktivitäten dabei.
Täglich besuchen 150 200 Kinder und Jugendliche unsere Einrichtung, und nutzen unsere Angebote für Berufs- und Weiterbildung, Freizeit und Sport, oder sind einfach da. Durch alle Begegnungen und Veranstaltungen zieht sich wie ein „roter Faden“: christliche Werte und Normen bestimmen unser Leben und sind Leitsterne in unserer schwierigen Situation am Rande der Gesellschaft. Die spirituellen Hilfen nehmen viele Jugendlichen dankbar und begeistert an.
Es gehört dazu, dass in den Schulen die Heilige Messe gefeiert wird. Die Gegenwart der Kirche beschränkt sich so nicht nur auf unsere Räumlichkeiten, sondern bezieht das Leben der Gesellschaft mit ein. Die Feier der Messe wird von den Schülern gerne vorbereitet und hat sogar Vorrang vor den anderen Aktivitäten der Schule. Ich kann zu jeder Zeit kommen und ansagen, dass ich die Messe mit den Schülern feiern möchte. Die Lehrer unterbrechen dann ihren Unterricht und versammeln die Schüler auf dem Hof.
Jugendtreff im Stadtzentrum
Kirche sein, bedeutet eine Gemeinschaft zu bilden, die für alle offen ist. Auch Menschen, die nicht bei uns an der Feier der Heiligen Messe teilnehmen, sollen Kirche erfahren.
Mitten auf dem Platz, im Stadtzentrum, unterhalten wir eine kleine Imbissbude, die als Jugendtreff funktioniert. Sie wird von den Jugendgruppen unserer Gemeinde geleitet und dient als Treffpunkt für Jugendliche der Gruppen und auch für Jugendliche, die einfach so vorbeikommen. Auf diese Weise können wir neue Mitglieder für unsere Gruppen gewinnen und nebenbei ist es auch für die eigenen Gruppen interessant, denn so begegnen sich die Mitglieder öfter und haben mehr Gelegenheiten sich zu unterhalten und gegenseitig auszutauschen.
Manchmal wird unser Jugendtreff zum Ort für Veranstaltungen, die mitten auf dem Platz entsprechend viel Aufmerksamkeit erregen.
Diese Bedingungen machen die pastorale Arbeit zu einer ganz besonderen Herausforderung.
Feier der Heiligen Messe in den Schulen
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